Most, Cider, Edelbrände

NAP-Projekte NN0054 und O21 | Projektleitung Jennifer Oppliger und Romano Andreoli | Projektdauer: 2015- Ende 2022

Agroscope hat im Auftrag von FRUCTUS und mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Landwirtschaft verschiedene Projekte zur Nutzung alter Obstgenressourcen durchgeführt. So wurden alte Obstsorten weiterverarbeitet zu sortenreinen Apfelsäften, Cider und Edelbränden. Die Versuchsergebnisse sind öffentlich und sollen Produzenten und Verarbeitern bei der Auswahl der passenden Sorten unterstützen.

Most aus alten Apfelsorten

In einem umfassenden Versuch in den Jahren 2007-2010 wurde die Verarbeitungseignung von 230 Apfel-Akzessionen getestet. Neben vielen unbekannten, noch nicht mit Sicherheit bestimmten oder im Laufe der Zeit in Vergessenheit geratenen Sorten aus verschiedenen Sortensammlungen, wurden auch klassische Mostapfelsorten wie Grauer Hordapfel, Bohnapfel oder Blauacher untersucht. Diese «Standards» ermöglichen Quervergleiche der Saftmuster.

Alle Saftmuster wurden nach einem standardisierten Verfahren an der Kantonalen Fachstelle für Obstbau in Flawil (SG) und an der Fachstelle für Obst und Beeren am Inforama Oeschberg (BE) sortenrein hergestellt. Die Abpressung der 10 bis 20 kg Äpfel erfolgte auf einer Packpresse. Der frische Saft wurde gewogen, geklärt, abgefüllt und pasteurisiert. Anschliessend wurden die Apfelsäfte analytisch (Qualitätsanalytik) sowie sensorisch (Bewertung im Sensorik-Panel) bewertet. Zudem wurden sortentypische Profile erstellt. Degustiert wurde nach einem 20-Punkte Schema, welches sich am Schweizerischen Süssmostqualitätswettbewerb orientiert. Dabei wurden Punkte für die Farbe, den Geruch, den Geschmack und den Gesamteindruck (Harmonie) vergeben.

Die Resultate aller getesteten Sorten finden Sie auf im ShinyApp: Alte Apfelsorten für die Saftproduktion“ 

Detaillierte Informationen zur Methodik und den Resultaten finden auf den Seiten 17-21 des BEVOG-Schlussberichts

Cider aus alten Apfelsorten

Cider ist eine Möglichkeit zur Produktveredelung von alten Apfelsorten. Durch die erhöhte Wertschöpfung kann ein Anreiz zur Nutzung und somit zur längerfristigen Erhaltung entstehen. Cider ist ein extrem vielfältiges Getränk so sind es auch die sensorischen Eigenschaften von alten Apfelsorten.

Unterschied Cider – saurer Most

Ciders (oder Cidres) fallen in die Kategorie der Apfelweine. Diese müssen einen Alkoholgehalt von mindestens 3 Vol.-% aufweisen. Damit in der Sachbezeichnung auf eine Apfelsorte hingewiesen werden darf, müssen mindestens 80 Massenprozent Saftanteil der genannten Sorte verarbeitet werden. Beträgt der natürlich erzeugte Kohlendioxidgehalt mindestens 4 g/l, so lautet die Sachbezeichnung «Apfelschaumwein».

Offiziell gibt es keinen Unterschied zwischen Cider und saurem Most, die beiden Begriffe können synonym verwendet werden. Häufig jedoch wird saurer Most im Vergleich zu Cider in weniger aufwendigen Verfahren hergestellt und gelagert. Englischer Cider wird normalerweise, wie auch der saure Most, nach der Gährung mit Süssmost wieder angesüsst. Beim französischen Cidre, dem spanischen Sidra oder dem österreichischen Most bleibt das vergoren Endprodukt ungesüsst.

Gerade alte Sorten besitzen häufig hohe Gerbstoff- und Säuregehalte und sind somit als Tafelapfel oder auch für die Apfelsaftherstellung ungeeignet. Dies, obwohl sie aromatisch durchaus interessant sein können. Die Verarbeitung zu Cider bietet für solche Sorten eine attraktive Nutzungsmöglichkeit, bei der aus dem genannten Nachteil ein Vorteil wird – Gerbstoffe geben dem Cider Struktur und Körper und werden mit dem Hopfen im Bier verglichen. In den Cider-Regionen der Welt werden spezielle Apfelsorten für die Herstellung ausgesucht und die «richtige» Wahl der Sorten gilt als Kunst.

Agroscope hat 40 sortenreine Ciders mit je zwei Varianten produziert und ausgewertet. Um ein möglichst breites sensorisches Spektrum testen zu können, war das Ziel für jede der von Barker (1903) definierten Cider-Äpfel-Klassen «sweet» (süss), «sharp» (sauer), «bittersweet» (bittersüss) und «bittersharp» (bittersauer) eine Anzahl geeigneter heimischer Sorten zu finden. Ebenfalls wurden Sortenraritäten und Spezialmostobstsorten berücksichtigt. 2017 konnten einige sehr polyphenolhaltige Sorten wie «Botset», «Waldhöfler» und «Cresson» verarbeitet werden. Auch Sorten mit sehr viel Säure wurden verarbeitet wie der «Russiker Holzapfel», «Waldhöfler», «Ackermanns Holzapfel» oder der «Rothenhauser Holzapfel».

Video zum Projekt „Ciidre aus alten Sorten“

In diesem Fachvideo stellen die Projekt-Mitarbeitenden das Projekt „Cidre“ im Detail vor

Sorten-Guide Cider

Im „Sorten-Guide Cider“ sind 40 Apfelsorten und ihre Eignung zur Herstellung von Cidre ausführlich dargestellt.

Die detaillierteren Informationen zu den einzelnen Sorten und den Versuchsresultaten finden Sie im „ShinyApp: Cider aus alten Apfelsorten“ 

In der Schweizer Zeitschrift für Obst und Weinbau 14/18, 2018 ist ein ausführlicher Artikel zu den Cidre-Versuchen erschienen

Edelbrände aus alten Pflaumensorten

In den Jahren 2007 bis 2019 wurden aus diversen Pflaumen- und Zwetschgensorten sortenreinen Edelbränden hergestellt. Ähnlich wie bei den Apfelsäften wurden die Brände von einem Experten-Panel verkostet.

Die degustierten Pflaumenbrände verfügten über eine grosse Vielfalt an Aromen. Neben verschiedenen Fruchtaromen wie Pflaume, Birne oder Zitrus wurden auch Geruchs- und Geschmacknoten von Minze-, Vanille-, Zimt-, Nuss- oder Bittermandel genannt. Die maximale Gesamtpunktezahl lag bei 18 Punkten. Die beiden Pflaumen-/Zwetschgenakzessionen mit jeweils 18 Punkten in jeweils zwei geprüften Jahren haben keinen Sortennamen (53662 und 44955 unbekannt AT Rodersdorfer).

Die detaillierteren Informationen zu den einzelnen Sorten und den Versuchsresultaten finden Sie im „ShinyApp: Edelbrände“ 

Edelbrände aus alten Kirschensorten

Im Jahr 2009 wurden 16 Kirschbrände gebrannt. Bei der Verkostung von Edelbränden aus Kirschenakzessionen wurde der Brand der Inselkirsche als typisch, würzig und kräftig mit 18 Punkten zum besten Kirsch erkoren. Die Buschelkirsche und Kirschmuskirsche wurden mit jeweils 17 Punkten ebenfalls sehr gut bewertet, gefolgt von weiteren 5 Sorten mit je 16 Punkten.

Die detaillierteren Informationen zu den einzelnen Sorten und den Versuchsresultaten finden Sie im „ShinyApp: Edelbrände“ 

Edelbrände aus alten Birnensorten

Im Jahr 2009 wurden 24 Birnenbrände gebrannt. Zwei Akzessionen mit je 18 Punkten ein sehr gutes Resultat (60186 unbekannt und Hougäbler-Birne). Weitere drei Sorten erreichten ein Punktetotal von 17 (Cuisinière-Birne, Poire rouge und Goldthaler).

Die detaillierteren Informationen zu den einzelnen Sorten und den Versuchsresultaten finden Sie im „ShinyApp: Edelbrände“ 

Edelbrände aus alten Apfelsorten

Die Sortenwahl im Apfeledelbrand-Projekt (2019-2021) erfolgte aufgrund sensorischer Eigenschaften, Krankheitstoleranzen und Produktionseigenschaften. Daten aus vorherigen Projekten, sowie Empfehlungen von Experten und historische Besonderheiten wurden für die Auswahl herbeigezogen.

Die sortenreinen Edelbrände wurden nach standardisiertem Verfahren hergestellt. Je 40 kg Früchte wurden auf einer Kupferanlage gebrannt sensorisch fraktioniert. Ein Panel aus 12 trainierten Degustatoren, hat die Edelbrände verkostet und beschrieben. Die dabei erfassten sensorischen Parameter waren Aromaintensität, Fruchttypizität, Aromakomplexität und Beliebtheit. Zusätzlich wurden die Produkte von einer fünfköpfigen Edelbrandexpertengruppe bewertet. Der Versuch zeigte, dass die Vielfalt der alten Apfelsorten durchaus Potenzial für spannende Kreationen hat.

Unsere Favoriten: Wildmuser, Waldkircher Himbeerapfel, Weissreinetter, Adersleber Calvill, Pomme tricolor

Die detaillierteren Informationen zu den einzelnen Sorten und den Versuchsresultaten finden Sie im „ShinyApp: Edelbrände“ 


Die Projekte zur Beschreibung und Nutzung von Obstgenressourcen wurden im Auftrag von FRUCTUS bei Agroscope im Rahmen des nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft (NAP- PGREL) bearbeitet und vom Bundesamt für Landwirtschaft finanziell unterstützt. Zusätzlich trägt Agroscope einen grossen Teil in Form von Eigenleistung zu diesen Projekten bei.