Hochstamm-Feldobstbäume leiden unter dem dramatischen Verlust ihrer Vitalität. Trotz verbesserten Pflegemassnahmen sind immer mehr Bäume in Gefahr, frühzeitig abzusterben oder gar nicht erst das Ertragsalter zu erreichen. FRUCTUS prüfte in einem vierjährigen Projekt Massnahmen, um die Bäume vital zu erhalten.
Obstgärten mit Hochstammbäumen sind sehr wertvoll für die Obstproduktion, die Biodiversität und das Landschaftsbild. Zudem weisen diese Obstgärten meist eine hohe Vielfalt an alten Sorten auf. Hochstamm-Feldobstbäume leiden aber oft unter einem dramatischen Verlust ihrer Vitalität.
Im vierjährigen Projekt BIOREV untersuchte die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten FRUCTUS zusammen mit dem Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL und der Tilia Baumpflege/Arbovitis in Frick, ob mit dem Einbringen eines Produktes aus Mykorrhiza-Pilzen und Bakterien in den Boden die Ernährungsgrundlage der Bäume und damit die Baumgesundheit und das Ertragsvermögen verbessert werden können.
Die Grundlage des Projektes lieferten Praxisbeobachtungen aus Deutschland, bei denen nach dem Einbringen von Mykorrhiza und Bakterien in den Boden eine Vitalitätssteigerung festgestellt werden konnte.
Ziel des nachfolgend beschriebenen Projektes «BIOREV» war es aufzuzeigen, ob diese positiven Beobachtungen auch in einem nach wissenschaftlichen Kriterien angeordneten Versuch nachvollzogen werden können. Das Projekt dauert von 2018 – 2021.
In vier Hochstamm-Obstgärten im Zürcher Unterland wurden die beiden Methoden Bodenlockerung mit und ohne Einbringen eines Mykorrhiza- und Bakterienpräparates in den Wurzelraum mit einer unbehandelten Kontrolle verglichen. Die Bodenlockerung und das Einbringen des Präparates wurde mit einer Maschine für Bodenbelüftung durchgeführt (Bild rechts). An allen vier Standorten wurden Mostbirnenbäume, an zwei Standorten auch Apfelbäume behandelt. Die übrigen Bewirtschaftungsmassnahmen erfolgten im betriebsüblichen Rahmen.
Das verwendete Handelsprodukt wurde am FiBL auf seine Wirksamkeit im Labor an Mais- und Lauch-Pflanzen überprüft. Um zu prüfen, ob sich die eingebrachten Mykorrhiza-Bodenpilze und Bakterien an den Wurzeln der Projektbäume etablieren konnten, wurde im Herbst 2018 auf den Versuchsstandorten Wurzelproben von behandelten und nicht behandelten Bäumen entnommen und die Kolonisierungsrate im Labor bestimmt. Zudem wurden im Herbst 2021 Bodenproben entnommen und auf Unterschiede in der biologischen Aktivität der vier Verfahren untersucht.
Bei den jährlichen Feldbonituren im August/September wurden die Kriterien Baumgesundheit, Zuwachs Stammumfang, Triebwachstum, Phytoplasma- und Weissfleckenkrankheit sowie anderen Parametern bewertet. An einem Versuchsstandort wurde zudem bei mehreren absterbenden oder schon abgestorbenen Birnbäume mittels Freilegung von Wurzeln und Begutachtung der Stammquerschnitten sowie des Kronenwachstums untersucht, wie und in welcher zeitlichen Abfolge Armillaria und Phytoplasma den Baum befallen und wie das Zusammenwirken der beiden Pathogene beim Absterben des Baumes ist.
In den Laborversuchen zeigte sich, dass der eingesetzte Mykorrhizastamm die Wurzeln im Vergleich mit anderen Mykorrhiza-Stämmen langsamer besiedelt, dadurch aber unter Umständen nicht weniger konkurrenzfähig ist als andere Mykorrhizapilze.
Bei den untersuchten Wurzelproben von einem Obstgarten zeigten sich hingegen keine Unterschiede zwischen den Verfahren. Auch die Wurzeln der Kontrollparzelle waren sehr gut mit Mykorrhiza besiedelt, was auf eine hohe Aktivität der einheimischen Mykorrhizapilzgemeinschaft hinweist. Ebenso konnten keine Verfahrensunterschiede bei der Untersuchung der biologischen Bodenaktivität sowie bei den bei den umfangreichen Felderhebungen bezüglich Vitalitäts- und Krankheitskriterien festgestellt werden.
Bei den Untersuchungen der absterbenden Birnenbäumen zeigte sich, dass die Schädigung mit Phytoplasma an der Peripherie der Krone, meistens an der Baumspitze, beginnt und die Infektion Armillaria/Hallimasch im äusseren Wurzelbereich und schon in wenigen Jahren die geschwächten Bäume zum Absterben bringt.
Die Versuche haben gezeigt, dass bei gut gepflegten Bäumen in gut versorgten, fruchtbaren Böden das Einbringen von Mykorrhizapilzen und Bakterien innerhalb des untersuchten Zeitraums von vier Jahren keinen nachweisbaren Einfluss auf die Baumvitalität und Gesundheit hat. Um die Vitalität der Obstbäume zu erhalten, ist es vor allem wichtig indirekte Massnahmen zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit optimal umzusetzen:
Weitere Forschung wird nötig sein, um Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen im Hochstammanbau,
insbesondere auch durch die Klimaveränderungen, zu begegnen.
Der Projektleiter Hans Brunner, Hochstamm-Obstbauer und Vorstandsmitglied von FRUCTUS, wurde unterstützt durch die zwei FRUCTUS-Experten Klaus Gersbach und Jos Vandebroek, Andi Häseli, FiBL, Sarah Symanczik, FiBL und Martin Erb, Tilia Baumpflege/ArboVitis.
Artikel in den Medien
Dank: Das Projektteam bedankt sich bei folgenden Stiftungen, Verbänden und Firmen herzlich für ihre grosszügige Unterstützung: Fonds Landschaft Schweiz, Bern, Ella & Paul Schnorf Stiftung, Zürich, Sophie und Karl Binding Stiftung, Basel, Stiftung Temperatio, Maur, Paul Schiller Stiftung, Lachen, Bio Suisse, Basel, Schweizer Obstverband, Zug, Vontobel–Stiftung, Zürich, PHC, Plant Health Cure, Holland sowie Ramseier, Suisse AG und Coop, Schweiz im Rahmen der Bio Suisse/FiBL Hochstammförderung.