Gesamtschweizerische Obst- Und Beereninventarisierung

Projektleitung Bundesamt für Landwirtschaft im Rahmen des NAP-PGREL | Projektdauer: 2000-2005

Wie viele Obstsorten gibt es in der Schweiz und wie viele davon sind gefährdet? Diese Frage beantwortete die gesamtschweizerische Obstinventarisierung in den Jahren 2000 bis 2005. Die Bestandesaufnahme zeigte: Insgesamt gibt es in der Schweiz rund 3’000 Apfel-, Birnen- und Steinobstsorten. Doch etwa drei Viertel davon müssen als gefährdet eingestuft werden. Diese werden nun in Sammlungen erhalten, um sie umfassend zu beschreiben und vor dem Verschwinden zu schützen.

Im Rahmen des Nationalen Aktionplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, kurz NAP-PGREL des Bundesamtes für Landwirtschaft führte die Vereinigung FRUCTUS in Zusammenarbeit mit Agroscope, privaten Organisationen sowie kantonalen Stellen von Januar 2000 bis März 2005 die Obst- und Beerensorten Inventarisierung Schweiz durch.

Im Zentrum der Inventarisierung standen die Hauptobstarten Apfel, Birne, Süss- und Sauerkirsche sowie Zwetschge inklusive Mirabelle und Reineclaude. Daneben wurden auch die Nebenobstarten Aprikose, Pfirsich und Quitte, sowie Edelkastanie, Walnuss und Haselnuss berücksichtigt. Feigen, Mispeln, Speierlinge, Kornelkirschen, sowie weitere Arten wie Mirobalanen, Ziparten oder Schlehen wurden in geringerem Umfang ebenfalls aufgenommen. Von den Beerenarten wurden durch die Organisation Pro Specie Rara in erster Linie Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren inventarisiert.

GROSSE MITHILFE DURCH LANDWIRTE UND PRIVATE

Um die Sorten zu finden, wurde Landwirtschaftsbetriebe direkt angeschrieben und gebeten, eine schriftliche Umfrage auszufüllen. Fast jeder fünfte Landwirtschaftsbetrieb antwortete. Zudem wurde auch via Medien über die Inventarisierung informiert und die Bevölkerung gebeten, Sorten zu melden. Immer wieder meldeten sich danach spontan Privatpersonen, die zur Erhaltung der Sortenvielfalt ihren Beitrag leisten wollten, oder Fragen zu alten Sorten hatten. In den fünf Jahren des Projekts haben rund 12’000 Personen selten gewordene Sorten gemeldet.

Insgesamt konnten knapp 195’000 einzelne Obstbäume und Beerenstandorte in die Projekt-Datenbank aufgenommen werden. Pro Besitzer wurden im Schnitt 17 Bäume beziehungsweise Beerenstandorte gemeldet. Die gemeldeten Angaben über die Verwendung, den Reifezeitpunkt, Baumeigenschaften und Besonderheiten der Früchte wurden in der Datenbank festgehalten.

über 2’000 gefährdete Sorten inventarisiert

Insgesamt wurden rund 2’500 Apfel-, Birnen- und Steinobstsorten registriert. Etwa drei Viertel der erfassten Sorten müssen als hochgradig gefährdet eingestuft werden. Die grösste Sortenvielfalt findet man heute noch in den Regionen, wo Obstbau nicht als Erwerbszweig, sondern in erster Linie für die Selbstversorgung genutzt wird: zum Beispiel im Berner Oberland oder im Zürcher Tösstal.

Mit einem Drittel machen Apfelbäume den grössten Anteil der aufgenommenen Meldungen aus. Jede fünfte Meldung ist ein Birnbaum. Lediglich in den Kantonen Jura und Baselland machen Kirschen, Zwetschgen und übriges Steinobst mehr als die Hälfte der aufgenommenen Meldungen aus, schweizweit ist es rund ein Viertel. Den höchsten Apfelanteil haben die Kantone Thurgau und St. Gallen, dicht gefolgt von Bern. Die Kantone Nid- und Obwalden sind die zwei Kantone mit dem höchsten Birnenanteil. Am häufigsten wurden die Apfelsorten Bohnapfel, Sauergrauech (hauptsächlich aus dem Kanton Bern), Berner Rosen und Schneiderapfel (Thurgau und St. Gallen) gemeldet. Bei den Birnen sind die Sorten Gelbmöstler und Wasserbirne die Spitzenreiter, beide am häufigsten aus dem Kanton Luzern gemeldet.

Die mit Abstand am meisten gemeldete Kirschensorte ist die Rigikirsche, auch Lauerzer genannt. Beinahe die Hälfte aller Kirschenmeldungen gingen ohne Namen (über ein Drittel) oder mit allgemeinen Bezeichnungen wie ‘Schwarze’, ‘Rote’ oder ‘Brennkirsche’ ein. Bei Zwetschgen ist die Vielfalt allgemein eher klein, abgesehen von Wildformen wie der Ziparte. Hauszwetschgen und Fellenberg dominieren deutlich.

>> Die Daten der Inventarisierung sind abrufbar im Nationalen Informationssystem zur Erhaltung und Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Artikel in der Zeitschrift Obst und Weinbau, Ausgabe 17/22: “Obstinventarisierung: mehr als 2500 Sorten”. Artikel von Jakob Schierscher über die Obst-Inventarisierung.

Gefährdete Sorten Werden Seither Erhalten

Um die Sorten für zukünftige Generationen verfügbar zu machen, werden gefährdete Sorten in Sortengärten abgesichert. Schweizweit gibt es rund dreissig Sammlungen, welche im Rahmen des Nationalen Aktionplans finanziert werden und wo Sorten aus dem Inventarisierungsprojekt abgesichert sind. Weitere sind im Aufbau.
Jeweils am Ende einer Projektetappe wurde von erhaltenswerten Sorten bei den Besitzern Edelreiser bestellt und an Baumschulen weitergeleitet. Sie vermehrten die Sorten, und sie wurden an vorerst zwei Erhaltungssammlungen weitergeleitet und dort gepflanzt.

>> mehr zu den Erhaltungssammlungen erfahren


FOLGEPROJEKT BESCHREIBT DIE OBSTSORTEN

Parallel zum letzten Projektjahr der Inventarisierung hat 2004 ein Projekt zur Beschreibung von Obstsorten begonnen. Hauptziel des Projektes war die Erarbeitung von standardisierten Methoden zur Beschreibung von Obst-Genressourcen aufgrund internationaler Vorgaben. Zu den wichtigsten Aufgaben gehörte die Ausarbeitung eines Beschreibungsschlüssels für Apfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen. Diese Beschreibungsmerkmale wurden anschliessend in die Nationale Datenbank eingebaut. Zur besseren Verständlichkeit der Deskriptoren wurde ein Handbuch mit Referenzbildern erstellt.

Bis heute wurden und werden von verschiedenen Erhaltungsorganisationen diverse Beschreibungsprojekten durchgeführt.

>> mehr zu den Beschreibungsprojekten von FRUCTUS erfahren

Die Schweizerische Obstinventarisierung wurde im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft (NAP- PGREL) bearbeitet und vom Bundesamt für Landwirtschaft finanziell unterstützt.